Lehrreicher und unterhaltsamer Regelabend

Referent Manfred SemmlerFoulspiel, Handspiel? Gelbe Karte, Rote Karte? Innerhalb von Sekunden müssen Schiedsrichter auf dem Platz ihre Entscheidungen treffen. Dass das oft nicht einfach ist, zeigte der ebenso lehrreiche wie unterhaltsame „Regelabend“ am Donnerstag (12. Februar), den der FC Eichel in Kooperation mit der Schiedsrichtervereinigung Tauberbischofsheim seinen Mitgliedern geboten hat. Anhand von Videobeispielen sorgte Referent Manfred Semmler dafür, dass seine Zuhörerinnen und Zuhörer besser über die Spielregeln Bescheid wissen und dabei auch erfahren haben, weshalb Schiedsrichter bei Foul- oder Handspiel sowie bei Abseits diese und jene Entscheidung zu treffen haben.

"Regelkunde für Vereine“ nennt die Schiedsrichtervereinigung Tauberbischofsheim einen Lehrabend, den sie den Klubs im Fußballkreis Tauberbischofsheim kostenlos anbietet. Am Donnerstag fand ein solcher Abend im Sportheim des FC Eichel statt. Referent vor „vollem Haus“ – alles in allem 40 FC’ler, darunter erfreulich viele Jugendliche – war Manfred Semmler, seit 2013 Vorsitzender des Schiedsrichter-Ausschusses im Fußballkreis. Der Referent vermittelte seinen Zuhörerinnen und Zuhörern die Sichtweise und das Handlungsfeld von Schiedsrichtern und „testete“ sein Publikum anhand von Video-Sequenzen mit kniffligen Szenen, in denen es unter anderem um Abseits-Situationen, „Notbremsen“ oder die richtige Ausführung von Elfmetern ging.  

Semmler, der zu dem Abend auch den Nachwuchs-Schiedsrichter Sinan Kaleli mitgebracht hatte, stellte sich zunächst einmal vor. Seit 1983 ist der verheiratete Versicherungsfachmann als Schiedsrichter tätig, stieg als solcher bis zur Oberliga auf, war 16 Mal in der ersten und zweiten Bundesliga als Schiedsrichter-Assistent im Einsatz und hat auch einen internationalen Einsatz aufzuweisen. Von 1989 bis zum Jahr 2000 war Semmler Mitglied im Schiedsrichter-Ausschuss, seit 2007 ist er zuständig für die Schiedsrichter-Ansetzung im Senioren-Spielbetrieb des Fußballkreises Tauberbischofsheim.

„Ich bin mit Begeisterung und aus Überzeugung Schiedsrichter, auch, weil ich leidenschaftlicher Fußballer bin“, sagte Semmler. Da er auch als Trainer gearbeitet hat, „verstehe ich alle drei Seiten“, also die des Spielers ebenso wie die des Trainers und eben auch die des Schiedsrichters.

Semmler stellte dann Sinan Kaleli vor, der erst seit einem Jahr als Schiedsrichter tätig ist, aufgrund seines Talents aber in dieser kurzen Zeit schon den Sprung in den Bezirksförderkader geschafft hat. „Wenn wir ein Talent erkennen, dann fördern wir so einen jungen Mann auch relativ schnell und zügig, um ihn voranzubringen“, sagte Semmler.

Der Referent setzte seinen Vortrag dann mit dem für ihn wichtigsten Satz fort: „Auch ein Schiedsrichter ist nur ein Mensch“ – und damit eben nicht frei von Fehlern. Das sei stets zu bedenken, betonte Semmler den Fairplay-Gedanken, der unter Sportsleuten im Umgang miteinander üblich sein sollte. Ein Schiedsrichter habe die Aufgabe, die vorgegebenen Regeln nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen, erläuterte Semmler. „Dass einem dabei auch Fehler unterlaufen können, ist eigentlich das Normalste der Welt.“

Erwartet werde vom Kreisschiedsrichter-Ausschuss, dass die Unparteiischen ein sachliches Auftreten und einen korrekten Umgang pflegen, dass sie vorurteilsfrei und objektiv in die von ihnen zu leitenden Spiele gehen und auf dem Platz die Regeln klar und einheitlich auslegt. Das Auftreten sollte selbstsicher und selbstbewusst sein, aber keinesfalls arrogant. All das würde für Akzeptanz sorgen. „Der Stand der Qualität eines Schiedsrichters zeigt sich in der Form des Umgangs“, fasste Semmler zusammen.

Ein wichtiger Punkt während des Spiels sei die Beurteilung von Zweikämpfen. „Die muss sitzen“, so Semmler, „wenn das nicht der Fall ist, dann kriege ich als Schiedsrichter das Spiel nicht in den Griff.“ Semmler nannte dann mit 0,7 Sekunden auch die Zeit, die einem Schiedsrichter für gewöhnlich von der Wahrnehmung bis zur Entscheidung zur Verfügung steht – vor allem bei Situationen im Strafraum sei das oftmals schwierig und häufig abhängig von der Position, die der Schiedsrichter in diesen Momenten einnimmt.

Semmler hatte auch  interessante Zahlen mitgebracht. So „besteht“ eine Bundesliga-Saison aus 612 Spielen, in denen pro Partie laut einer DFB-Statistik rund 120 Entscheidungen durch den Schiedsrichter getroffen. Das summiert sich in einer Saison auf zirka 73.000 Entscheidungen. Im Schnitt ergeben sich daraus 174 Streitfälle, über die diskutiert werde. In Nachbetrachtungen stelle sich dabei heraus, dass von den 174 Streitfällen 98 richtig gelöst und 22 falsch entschieden wurden. Die restlichen seien auslegungsbedürftig, also so oder so zu entscheiden. „Eigentlich gar nicht so schlecht, oder?“, meinte Semmler dazu.

Anhand vieler Video-Beispiele durften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Abends – ausgestattet mit gelben und roten Karten – ihre Regelkenntnisse unter Beweis stellen. Die „Tests“ zeigten auf, dass es oftmals gar nicht so einfach ist, eine Situation richtig zu beurteilen und die sich daraus ergebende regelkonforme Entscheidung zu treffen.

Zum Abschluss des Abends warb Semmler für den nächsten Neulingskurs der Schiedsrichtervereinigung Tauberbischofsheim, der im Juni stattfindet. Wer aus den reihen des FC Eichel daran Interesse hat, kann sich mit Jugendleiter Ralf Hofmann in Verbindung setzen.

Volles Haus

Gelb oder Rot? Das war häufig die Frage.

Hier genügte offenbar "Gelb"

...und hier war's wohl zwingend "Rot"

Ein Beispiel dafür, was ein Schiedsrichter in einer bestimmten Spielsituation alles "abrufen" muss